Ausbaumaßnahmen in und an Gewässern sind nach § 108 des Niedersächsischen Wassergesetzes (NWG) vom 1.3.2010 genehmigungspflichtig und bedürfen, je nach vorliegenden Fall und Eingriff in den Naturhaushalt einer Planfeststellung oder einer Plangenehmigung. Hierbei ist zu prüfen, ob es sich um eine wesentliche Umgestaltung des Gewässers handelt und somit also rechtlich eine Ausbaumaßnahme vorliegt. Eine wesentliche Umgestaltung als Kriterium des Ausbaus liegt dann vor, wenn das Gewässer in einer für den Wasserabfluss bedeutsamen Weise verändert wird.
Ausbaumaßnahmen müssen sich an den Bewirtschaftungszielen der §§ 27 und 44 Wasserhaushaltsgesetz (WHG) ausrichten und dürfen die Erreichung dieser Ziele nicht gefährden. Gemäß § 110 NWG kann die Wasserbehörde den Unterhaltungspflichtigen sogar zum Ausbau eines Gewässers II. Ordnung oder seiner Ufer verpflichten, wenn es das Wohl der Allgemeinheit erfordert.
Früher verstand man unter Gewässerausbau: die Steigerung der „so genannten hydraulischen Leistungsfähigkeit“. Dieses bedeutete, dass das im Gewässer ankommende Niederschlagswasser in einem bestimmten, möglichst kurzen Zeitraum abgeführt werden sollte. Hierzu wurde der Gewässerquerschnitt, meist als Trapezprofil, vergrößert und der Gewässerverlauf begradigt. Diese Ausbauten führten zu einem verbesserten Hochwasserschutz der angrenzenden Flächen.
Kaum berücksichtigt wurden hierbei die naturschutzfachlichen Belange. Diese ausgebauten nicht natürlichen Gewässer boten vielen Organismen keinen Lebensraum. Durch die Laufverkürzung erhöhte sich die Fließgeschwindigkeit, Organismen wurden mitgerissen oder konnten einmal hineingefallen nicht mehr dem Gewässer entsteigen. Viele Arten wurden hierdurch verdrängt.
Dieser so genannte klassische Gewässerausbau ist heute nicht mehr zeitgemäß. Heute werden die naturschutzfachlichen Belange berücksichtigt und man spricht daher eher vom naturnahen Gewässerausbau. Die meisten Ausbaumaßnahmen werden heute zur ökologischen Wertsteigerung des Gewässers durchgeführt.
Naturnaher Gewässerausbau orientiert sich an folgenden Kriterien:
Schaffung und Wiederherstellung der ökologischen Durchgängigkeit im Gewässer (Bau von Sohlrampen, Sohlgleiten, Fischauf- und -abstiegsanlagen) |
Strukturverbesserung durch Einbau von Strömungslenkern (Buhnen oder Totholz) |
Strukturverbesserung durch Einbau von Kiesbänken oder standorttypischem Sohlsubstrat |
Wiederanschluss von Altarmen und Altgewässern im Haupt- oder Nebenschluss |
Laufverlängerung und hierdurch Reduzierung der Fließgeschwindigkeit und somit der Geschiebe- und Sandfrachten |
Aufweitung der Querschnittsprofile durch Schaffung von Bermen und somit geteilten Profilen |
Der ordnungsgemäße Wasserabfluss muss jedoch auch während und nach der jeweiligen Ausbaumaßnahme sichergestellt sein. Eine frühzeitige Einbeziehung der Eigentümer von Ufergrundstücken ist wichtig um eine Akzeptanz für die Ausbaumaßnahme erreichen.
Autor:
Dipl.-Ing. Thomas Henrichmann
Mittelweserverband
Hermannstr. 15, 28857 Syke